Problem Autobahn

In Kontinental-Europa darf entsprechend der nationalen Straßenverkehrsordnungen nur links überholt werden. Beobachtet werden auf 3-spurigen Autobahnen häufig überlastete linke Fahrspuren, während auf der mittleren Spur weniger und auf der rechten Spur kaum PKW unterwegs sind. Die vielen Mittelspurfahrer, die sich in der Mitte sicher und gut aufgehoben fühlen, sorgen dafür, dass die rechte Spur quasi nicht als PKW-Fahrspur genutzt werden kann – als hätte die Autobahn nur 2 Fahrspuren. (siehe Video unten auf der Seite)

Auf 2-spurigen Autobahnen ist derartiges Verhalten nur dann zu beobachten, wenn sehr viel LKW-Verkehr den Wechsel auf die rechte Spur erschwert.

Auf 4-spurigen Autobahnabschnitten ist es für regelbewusste Rechtsfahrer in der Praxis bereits bei mittlerem Verkehrsaufkommen nicht mehr möglich, das Rechtsüberholverbot einzuhalten. Beispiel: Ein regeltreuer Autofahrer, der mit 130 auf der äußerst rechten Fahrspur fährt, müsste zum Überholen eines Mittelspurfahrers, der auf der zweiten Spur von links unterwegs ist, über beide mittleren Spuren auf die äußerst linke Fahrspur wechseln; das erfordert extrem hohe Konzentration und Vorsicht; danach müsste er erneut auf die äußerst rechte Fahrspur wechseln. Das Rechtsüberholverbot kann bei 4- und 5-spurigen Autobahnen im Alltag kaum eingehalten werden. Aus diesem Grund verfolgt die Polizei die Einhaltung des Rechtsüberholverbot auf 4- und 5-spurigen Autobahnen grundsätzlich nicht. Ergo: Die Exekutive kapituliert bewusst vor der Überwachung einer veralteten und auf solchen Autobahnen nicht brauchbaren Verkehrsregel, deren konsequente Einhaltung selbst zur Unfallursache würde.

 

Hintergrund STVO

Das gesetzliche Rechtsüberholverbot, das zu dieser linksseitigen Überlastung der Autobahnen führt, stammt aus den 1950er Jahren, als es praktisch nur Landstraßen und ein paar 2-spurige Autobahnen gab. Das Rechtsüberholverbot war auch auf Autobahnen bis in die 1990er Jahre sinnvoll und technisch erforderlich, da die meisten Autos nur links über einen Außenspiegel verfügten. Zum Schutz der Autofahrer vor Unfällen musste das Überholen auf der rechten Seite verboten werden.

Seit den 1990er Jahren verfügen weltweit alle neu zugelassenen PKW – teilweise per Gesetz – auf beiden Seiten über Außenspiegel, viele davon sogar mit einem Totwinkelwarnlicht. Das bedeutet: Für das Rechtsüberholverbot entfällt spätestens seit den 2000er Jahren die technische Begründung. Die gesetzgebenden Regierungen haben anscheinend nicht bemerkt, dass

  • die technische Weiterentwicklungen der Fahrzeuge (Außenspiegel seit 1990 auf beiden Seiten)
  • die stark gestiegene Zahl der Autobahn-Kilometer (1980: 7.300km, 2010: 11.500km, 2023: 13.200km)
  • die baulichen Erweiterungen auf stark befahrenen Autobahnabschnitten (viele 3-4-spurig)
  • die stetige Zunahme der Fahrzeuge (1980: 31,6M, 1995: 47,3M, 2010: 50,2M, 2024: 60,7M)
  • die angepasste Ausbildung in Fahrschulen (Spiegel links und rechts beachten!)
  • die stark gestiegene Verkehrsdichte je Autobahnkilometer, die Staus und Frust verursachen

dringend eine Modernisierung der STVO erforderlich machen.

 

Menschliches Verhalten

Die Hintergründe und Ursachen für die häufige Missachtung des Rechtsfahrgebots wurden von offiziellen Stellen in mehreren Ländern Europas untersucht. Auch der BMSF e.V. hat das Verhalten der Mittelspurfahrer vor und seit der Vereinsgründung intensiv beobachtet. Es hat sich gezeigt, dass die Androhung von Strafen und spezielle Verkehrsschilder (siehe Österreich) wenig Wirkung haben, weil das Mittelspurfahren in den meisten Fällen nicht bewusst und vorsätzlich entschieden wird, sondern in der Regel aus Ängstlichkeit und Bequemlichkeit; Angst vor dem Spurwechsel, Angst vor den LKW, Angst vor den Leitplanken, Angst nicht mehr nach links zu kommen. Hinzu kommt die sichere Position in der Mitte beim Essen, Telefonieren, Musikhören, etc.

Der BMSF e.V. wurde 2017 mit dem Ziel gegründet, durch mehr Aufklärung eine Verbesserung herbeizuführen. Das ursprüngliche Ziel war, viele Mittelspurfahrer auf die rechte, meist freie Fahrspur zu bewegen und dadurch den Verkehr flüssiger zu machen, gefährliche Auffahrsituationen auf der linken Spur zu reduzieren und unnötige Staus zu verhindern.

Trotz regelmäßiger Aufklärung in den Fahrschulen, Demo-Videos auf Youtube, wiederholten Aufrufen in vielen Radiostationen, der wirkungslosen Verschärfung der Strafen für Mittelspurschleicher, und nach dem Studium der Untersuchungsergebnisse der ASFINAG Österreich aus 2014 sowie eigenen Verhaltenstests kommt der BMSF e.V. zu folgendem Ergebnis:

Sogar durch intensive dauerhafte und flächendeckende Aufklärung kann die Situation vielleicht um 10% verbessert werden, was aber nicht als Erfolg wahrgenommen werden kann. Weitere Bemühungen für Aufklärung sind den Aufwand nicht wert. Der BMSF e.V. strebt deshalb eine europaweite Modernisierung der STVO an.

Vergleich mit anderen Ländern

In vielen großen Ländern mit viel Verkehr darf auf allen Fahrspuren gefahren und vorbeigefahren werden, wie es die Verkehrssituation erlaubt. Anstelle eines Rechtsüberholverbot gibt es nur eine Empfehlung zur besseren Entflechtung des Verkehrs.

Die Unfallstatistiken in Ländern ohne Rechtsüberholverbot zeigen keine Daten, dass das Vorbeifahren auf den freien Fahrspuren eine nennenswerte Unfallursache darstellt.

 

Argumente dagegen

1
“Das Rechtsüberholverbot hat seit Jahrzehnten gut funktioniert. Eine derartig einschneidende Änderung der STVO führt zu Unsicherheit und zu mehr Verkehrsunfällen.”

BMSF antwortet: Technischer Fortschritt und gesetzliche Vorgaben müssen Hand in Hand weiterentwickelt werden, ansonsten wird Fortschritt mittelfristig verhindert. Wer Angst vor Fortschritt und notwendigen Veränderungen hat, soll durch Aufklärung und Weiterbildung gefördert werden.

2
“Wer mit der STVO spielt, riskiert sinnlos zusätzliche Verkehrstote.”

BMSF antwortet: Was andere Länder seit Jahrzehnten erfolgreich praktizieren, können und brauchen wir auch in Europa. Die weltweiten Unfallstatistiken zeigen, dass es dort keine zusätzlichen Verkehrstoten gibt.

3
“Man muss nur ein allgemeines Geschwindigkeitslimit einführen, dann löst sich das Problem von ganz alleine.”

BMSF antwortet: Fast alle Länder dieser Welt haben ein allgemeines Geschwindigkeitslimit auf Autobahnen. Beobachtungen in anderen europäischen zeigen deutlich, dass die bekannte Drängeleien und Stausituation auf den linken Spuren auch in diesen Ländern existiert – trotz des allgemeinen Geschwindigkeitslimits. In Ländern ohne Rechtsüberholverbot entstehen die Staus später, weil sich der Verkehr gleichmäßiger auf alle verfügbaren Fahrspuren verteilt.

 

Der BMSF e.V. fordert

Eine Modernisierung der STVO ist seit Jahrzehnten überfällig, damit die Leistungsfähigkeit unserer Autobahnen um bis zu 30% erhöht und die Staubildung halbiert wird. Im Einzelnen:

  1. Der § 5 (Überholen) der STVO findet nur auf Straßen Anwendung, auf denen Gegenverkehr möglich ist.
  2. Der Begriff “Überholen” wird auf Autobahnen gestrichen, weil es bei mehrstreifigen Fahrbahnen nur Spurwechsel nach links oder rechts gibt.
  3. PKW dürfen auf Autobahnen auf allen Fahrstreifen fahren.
  4. Rechts vorbeifahren ist grundsätzlich erlaubt. Auf Autobahnabschnitten, wo keine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 130 km/h oder weniger besteht, darf das Vorbeifahren auf der rechten Fahrspur aus Sicherheitsgründen nur mit max. 20 km/h schneller erfolgen.
  5. Mit dem Wegfall des “Rechtsüberholverbots” entfallen die Strafen für Rechtsüberholen und Missachtung des Rechtsfahrgebots.

Mit den Änderungen der Pt. 1-5 stellen Mittelspurfahrer kein Verkehrshindernis dar. Mittelspurfahrer, die sich irritiert fühlen, dass rechts an ihnen vorbeigefahren wird, werden dadurch freiwillig eher auf die rechte Fahrspur wechseln.

 

Videos zum Thema

Dieses Video zeigt die Leistungsfähigkeit einer 3-spurigen Autobahn bei Einhaltung des Rechtsüberholverbots:

Dieses Video zeigt die Leistungsfähigkeit einer 3-spurigen Autobahn OHNE Rechtsüberholverbot. Die Autobahn kann bis zu 30% mehr Autos ohne Stau aufnehmen:

 

Mittelspurschleichen wird seit geraumer Zeit auch von anderen thematisiert

Vom Radiosender Bayern 1   und vom ADAC

Presse

Die Münchner Zeitung tz: „Das nervt Autofahrer im Straßenverkehr am meisten“

Pressemeldung der Versicherung COSMOSdirekt im PressePortal:
„61 % der deutschen Autofahrer fühlen sich durch Mittelspurfahrer gestört…“

Presseseite der COSMOSdirekt: „Rechtsfahrgebot: Das sollten Autofahrer auf vielspurigen Straßen beachten“

AvD, Automobilclub von Deutschland: „Mit Rücksicht und Fairness unterwegs“